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Andersdenken konkret

Was genau ist eigentlich Andersdenken? 

Hier zunächst die offizielle Definition für laterales Denken (Anderdenken)

  • Es wird zugelassen, dass vorliegende Informationen subjektiv bewertet und selektiv verwendet werden. Details werden nicht analytisch, sondern intuitiv erfasst.

  • Gedankliche Sprünge und Assoziationen werden zugelassen, nicht jedes Zwischenergebnis muss richtig sein.

  • Ja/Nein-Entscheidungen werden vermieden. Auch nicht durchführbare Lösungen können ein Schritt zum besseren Verständnis des Problems sein.

  • Konventionelle Denkmuster werden in Frage gestellt, indem z. B. bewusst nach der unwahrscheinlichsten Lösung eines Problems gesucht wird.

  • Ausgangssituation und Rahmenbedingungen werden nicht als unveränderlich hingenommen.

Nachfolgend habe ich zwei Beispiele für Andersdenken aufgeführt. Es geht nicht um die Sinnhaftigkeit der Idee, sondern alleine um die Denkweise, die hinter jedem Andersdenken steht.

 

Beispiel 1

Für ein auf die Karibik spezialisiertes Kreuzfahrunternehmen müssen dringend neue Erlöse erschlossen werden. In einem 2-tägigen Innovationsworkshop sollen Ideen gesammelt werden. Es sind Vertreter der Geschäftsleitung dabei, aber auch einige Nachwuchstalente, deren Engagement und Aufgeschlossenheit für Neues Kreativität vermuten lassen. 

Der Workshop hat eine inspirierende Atmosphäre und in den Pausen gibt es viel Spaß an den Kicker-Tischen. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: es werden 30 Einzelmaßnahmen beschlossen, die ab sofort rasch umgesetzt werden sollen. Einsparungen, Kapazitätsausweitungen, Kooperationen und viele Serviceverbesserungen stehen im Mittelpunkt. Damit kann es gelingen, das Unternehmen besser aufzustellen. Der erhoffte große Wurf ist aber nicht dabei.

Wie sieht nun der Vorschlag eines Andersdenkers aus? 

Kreuzfahrpassagiere in der Karibik vermissen oft das typische Bacardi-Karibik-Gefühl. Alles sollte dennoch gut organisiert, überwacht und kontrolliert sein, die Passagiere wollen den Kreuzfahrt-Service auch auf einer Insel haben. Eine solche Insel gibt es aber nicht und schon gar nicht für 3.000 Kreuzfahrt-Passagiere auf einmal. Der Vorschlag also lautet: die Reederei könnte eine eigene Insel kaufen, sie nach eigenen Bedürfnissen designen und eine Vielzahl von Extra-Services definieren: Swimmingpool, Golfplatz, Bars, Restaurants, Shops, Wassersport und exklusive Übernachtungsmöglichkeiten. Damit entstehen enorme zusätzliche Umsatzmöglichkeiten bei gut kalkulierbaren Kosten. Zudem erringt man einen Wettbewerbsvorteil und positioniert sich mit einem exklusiven Zusatzangebot gegenüber der Konkurrenz eindeutig im Markt. 

Diese Idee wurde bereits in den 1970er Jahren umgesetzt.

 

Beispiel 2

Ein Gefängnis auf den Philippinen war überfüllt, Gewalt an der Tagesordnung. Die Personaldecke beim Wachpersonal war dünn. Schließlich überlegte der Gefängnisdirektor, dass Tanzen eine gute Abwechslung für die Insassen sein könnte. Er besorgte einen Choreographen und bereits kurz danach war die Massentanz-Szene zu Michael Jacksons „Thriller“ auf YouTube ein Hit. Die Zufriedenheit der Gefangenen stieg, die Gewalt nahm ab und die Kooperationsbereitschaft untereinander wuchs. Schließlich wurde auch noch ein ehemaliger Insasse der Anstalt zum Leiter des Vollzugs ernannt. Durch ein rigides Selbstverwaltungs-System konnte eine nahezu gewaltfreie Organisation des Gefängnisses erreicht werden. Die Erfolge waren zwar nicht von Dauer, aber in den Köpfen der Verantwortlichen hatte sich etwas verändert.

Diese Idee wurde 2014 umgesetzt.

 

Erkenntnis

Ungewöhnliche Denkansätze, die einen Einblick geben, was Andersdenken sein kann. Es geht um neue Geschäftsmodelle mit einem ungewöhnlichen Ansatz. Perfekte Win-win-Situationen für alle Beteiligten! Solche Ideen werden selten oder gar nicht in einem Innovations-Workshop geboren, weil die Bedenkenträger sofort wissen, warum etwas nicht umsetzbar ist. Eine solche Idee ist in der Regel das Ergebnis eines langen und tiefen Denkprozesses, der Monate dauern kann. Nicht immer erzeugen Teams neue Ideen, sondern Einzelpersonen mit vorurteilsfreiem Denken, ungewöhnlicher Informationsverknüpfung und der Fähigkeit, sich Neues bildlich vorstellen zu können. Sie sind oft unterschätzte Menschen, die aber in der Lage sind, Dinge miteinander zu verknüpfen, die normalerweise nicht zusammengehören. Die große Frage lautet: wo sind diese Leute?

© 2020 by Dirk Müller-Remus                                                                                                                                                                                                    Impressum

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